Heute am Freitag der als Kalenderwoche 10 bekannten 09. Woche des Jahres, dem 06. März 2015, treffen hier vielleicht Nachrichten und Anregungen ein, für die diese öffentliche Tagebuchseite zum Thema PILCH Hartmut als erste Anlaufstelle zur Weiterverarbeitung dienen kann. |
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[ diese Woche ][ gestern ][ heute ][ morgen ]![]() Japanische Konzernmaxime: So viel Harmonisierung wie nötig, so viel Heterogenität wie möglichDies hörte ich von Planern der Unternehmens-Datenverarbeitung des größten japanischen Pharmakonzerns. In ihr äußert sich ein Problembewusstsein, das ich in deutschen Konzernen schon immer schmerzlich vermisst habe. Während man in deutschen Konzernen überall, wo ich hinsehe, nach Heben aller Skaleneffizienzen, d.h. nach weitestmöglicher Uniformisierung, Verplattformung und Online-Pflege aller Daten an der Quelle, strebt, ist vielen japanischen Konzernlenkern bewusst, dass Uniformisierung mit den typischen Schwächen der Monokultur, nämlich unter anderem Lähmung einzelner Unterorganisationen und System-Unsicherheit, einhergeht. Man könnte glauben, es sei ein Pharma-Phänomen. Die Pharmaindustrie erzeugt sehr verschiedenartige Produkte und muss auf verschiedenartige Regulatoren lokal flexibel reagieren. Aber auch Toyota und Komatsu setzen SAP und ähnliches nur minimalistisch ein und sind ansonsten bemüht, ihren Unterabteilungen möglichst viel Eigenständigkeit zu überlassen. SAP ist demzufolge ein System zur Finanzbuchhaltung und nicht zur Unternehmensführung. Vereinheitlichen soll man nach Pareto-Gleichgewichts-Formel die 20%, bei denen dies Vorteile bringt. Daten sind nicht online an der Quelle zu pflegen sondern in regelmäßigen Abständen in das System einzubringen, wozu Stapelprozesse (Batch) und menschliche Konfliktlösungsentscheidungen, wie man sie aus Kollaborationssystemen a la CVS, Subversion und Git kennt, beitragen sollen, denn menschliche Entscheidungen dieser Art dienen der Sicherheit. Auch die Online-Datenpflege, die deutsche Konzerne zu ihrem Credo machen, bringe nur in 20% der Fälle Vorteile. So erklärte es mir der Datenverarbeitungsexperte des japanischen Konzerns. Ähnlich habe ich als Dolmetscher einschlägiger deutscher Konzern-IT-Konferenzen schon immer gedacht und manchmal auf Abendgalaveranstaltungen diskutiert, aber damals hatte nich noch nicht gewusst, dass mein Gedanke anderswo wirklich geteilt und umgesetzt wird. Es lohnt sich, über dieses Thema weiter zu recherchieren, denn das Harmonisierungsdenken, das auch in der Politik sehr verbreitet ist, hat seine Heimat wohl in der Datenverarbeitung. Es ist nirgends so berechtigt wie in der Datenverarbeitung. Über seine politischen Vorteile und Grenzen diskutierte ich hier in diesen Tagen auf Chinesisch. Das Zugteam begrüßt .. The Train Crew would like to greet …Die Lautsprecherdurchsagen der Bahn sind zunehmend Lärmbelästigung. Je mehr sie sich an Höflichkeit orientieren, desto unhöflicher sind sie in Wirklichkeit. Den Gästen wird vor allem signalisiert, dass der Bahnbetreiber hier die Hoheit ausübt, dass er die Fahrgäste als seine Kunden betrachtet und bereit ist, sie in seiner globalen Amtssprache zu bedienen. Im Grunde geht es weniger um den Kunden als um das Image des Betreibers. Oftmals entfallen die englischen Versionen der Durchsagen gerade dann, wenn es wirklich substanzielles z.B. über Störungen zu sagen gibt. In Prag versteht man auch ohne Tschechischkenntnisse, was der nächste Bahnhof ist, denn es wird immer die gleiche Formel a la “Nächster Halt ist X” gebraucht, die dann jedermann unabhängig von seinen Tschechischkenntnissen versteht. Mehr Informationen braucht der Kunde nicht, sofern er die Fahrpläne lesen kann, die ja auch an der Wand und auf Faltblättern zu lesen sind. Nützlich wäre es wohl, eine Mobiltelefonapplikation (App) in verschiedenen Sprachen bereit zu stellen, die dem interessierten Fahrgast allerlei Informationen über den Fahrtverlauf übermittelt. Die Englischdurchsagerei ist in der Schweiz und Österreich noch penetranter als in Deutschland, und in China am penetrantesten. Dort versuchten die Lautsprecheranlagenbesitzer schon früher jede Sekunde für Imagewerbung und für Erziehungs- und Propagandamitteilungen zu nutzen. An manchen Zebrastreifen hört man immer wieder ohne Unterlass die Ansage: “Jetzt ist die Ampel rot. Bitte überqueren Sie bei roter Ampel nicht die Straße!”, dies allerdings nur in chinesischer Sprache. Die Mikrofonbesitzer können das Hoheitssignalisieren nicht lassen, und die Interessen des gemeinen Bürgers daran, möglichst nicht gestört zu werden, haben im dortigen Kalkül ein noch geringeres Gewicht als hier. Aber wir holen auf. Die chinesische Praxis hatte vermutlich eine bedeutende Vorbildwirkung auf hiesige Planer, denn der Aufstieg Chinas hat das frühere Gleichgewicht der europäischen Sprachen weiter zugunsten des Englischen verschoben und bei europäischen Chinareisenden den hoffnungsvollen Eindruck erzeugt, dass nun auch China Englisch zur Amtssprache macht und dass man ohne eine englische Weltamtssprache im öffentlichen Verkehr (gerade angesichts der chinesischen Schrift) verloren sei. Ein übriges tat dazu die Privatisierungswelle, im Rahmen derer es für Organisationen Mode wurde, aus dem Nationalstaat auszusteigen und sich selber durch eine eigene Amtssprachenpolitik aufzuwerten. ![]() |