Ist es der Iran oder einfach “Iran”?

Sprachzeichen sind nicht geistiges Eigentum der Bezeichneten

Aus bürgerlicher Höflichkeit wird schnell Mimosenschutz und Feigheit. Wer immer wieder allen möglichen Gekränktheiten nachgibt, wird auch kaum umhin können, dem iranischen Ansinnen nachzugeben. Korea konnte der chinesischen Sprache seinen Hauptstadtnamen aufdrücken.

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Ist es der Iran oder einfach “Iran”?

Dr. Cornelius Sommer vom Berliner “Haus der Deutschen Sprache” erklärt, warum man “Iran” statt “der Iran” sagen kann.

“Wer aber ganz korrekt sein will, sollte sich am Gebrauch in den Landessprachen orientieren”, so der Rat des Experten. Und das Ergebnis ist dann, wie er ausführt, folgendes: “In Farsi, also der persischen Amtssprache, heißt Iran einfach so, also Iran ohne Artikel.” Ganz korrekt müssten wir also sagen: Ich kenne Iran.

Bei Irak, Sudan etc haben wir offenbar den arabischen Artikel übernommen.

So wurde vielleicht auch gegenüber dem Iran verfahren, was dessen Nationalstolz kränken könnte. Denn das Arabische ist die Sprache der kulturell rückständigen Eroberer, die das Stolze Persien unterwarfen und islamisierten.

Länder und Ethnien melden geistiges Eigentum an ihren Bezeichnungen an

In den letzten Jahren hat sich eine Sitte eingebürgert, sich bei Bezeichnungen danach richten zu wollen, ob sie den Bezeichneten gefallen. Der Tschechischen Republik gefiel kein Staatsname, sei es Böhmen, Tschechei (Ĉesko) oder Tschechien, denn es gibt immer eine Minderheit, die sich davon herabgesetzt und zur Abspaltung animiert fühlen könnte. Den Slowaken könnten die Morawier folgen, die man vielleicht nicht mehr Mähren nennen sollte, ebenso wie einer Abspaltung Bayerns von Deutschland die Abspaltung Frankens von Bayern folgen könnte. Deshalb müssen tschechische Fußballfans sich heute mit dem politisch korrekten Schlachtruf “Ole, Tschechische Republik” abfinden. Südkorea wollte seine Hauptstadt Seoul auf Chinesisch Shǒuěr statt historisch bedingt “Han-Stadt” genannt sehen. Manche Ethnien wollen am liebsten gar nicht bezeichnet werden und wenden sich so lange gegen jedes Wort, bis man sie unverständlich und unkenntlich zu farblosen Farbigen entfärbt. Bei einem kriminellen Fahrer musste man sich kürzlich fragen, ob er Fahrender war. Aus den Nachrichten erfuhr man nur, er sei Rumäne. Aus Rücksicht auf die Bezeichneten, haben wir jetzt kaum noch die Möglichkeit, gewisse Bevölkerungsgruppen zu thematisieren. Genau hierauf läuft regelmäßig die Kritik an angeblichen Unwörtern hinaus. Das ganze Thema soll aus dem Reden und Denken verschwinden.

Am besten wäre es vielleicht, der bürgerlichen Höflichkeit, aus der schnell Feigheit wird, keinen Fußbreit Raum zu geben. Was als Zeichen schon lange etabliert ist, kann nicht abwertend sein, auch wenn ein Bezeichneter dafür etymologische Argumente findet. Dies würde erfordern, dass man an den Gewohnheiten einfach festhält. Aber wieso nur bei(m) Iran und nicht bei all den anderen?

Feminismus als Mutter der Befindlichkeitspolitik

Ähnliche Problem bereiten uns SprachfeministInnen mit ihren sprachlichen Gesslerhüten. In diesem Zeitgeiste beginnt eine ZEIT-Autorin gerade ihren vielgelesenen Artikel wie folgt:

Es gibt in dieser Gesellschaft kaum etwas Schlimmeres als eine Frau, die Single ist. Sie muss sich bedauern, bedrängen und pathologisieren lassen. WTF!

Larry Lipinsky antwortet:

“Es gibt in dieser Gesellschaft kaum etwas Schlimmeres als eine Frau, die Single ist. Sie muss sich bedauern, bedrängen und pathologisieren lassen.”

Stimmt. Dagegen sind die Sorgen jener Eltern, welche nicht wissen, was sie ihrem Kind für den nächsten Schultag zu essen einpacken sollen oder welche nicht wissen, wie es mit zwei - drei Kindern in Zukunft weitergeht, weil das Eigenheim zwangsversteigert wird, echt ein Kindergeburtstag.

Die Überreaktion auf Stigmatisierung und der Versuch, sie ihrerseits zu bedrängen und stigmatisieren, sind vielleicht eine weibliche Form der Politik. Feminismus erweist sich immer wieder die Mutter der Gruppenbefindlichkeitspolitik.

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© 2008-03-07 Hartmut PILCH