Urheberrecht statt Patentrecht!

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Das Patentwesen bremst mit seinen breiten Monopolansprüchen heute in vielen Bereichen die Innovation mehr als es sie fördert. Zugleich ist das Patentsystem dank seiner Regeln und Traditionen festgefahren und schwer zu reformieren. Möglicherweise lässt sich nur durch kreative Zerstörung Raum für zukunfstaugliche Alternativen schaffen.

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Das Patentwesen bremst mit seinen breiten Monopolansprüchen heute in vielen Bereichen die Innovation mehr als es sie fördert. Zugleich ist das Patentsystem dank seiner Regeln und Traditionen festgefahren und schwer zu reformieren. Möglicherweise lässt sich nur durch kreative Zerstörung Raum für zukunfstaugliche Alternativen schaffen.

Der Begriff Patent ist eng definiert und unterliegt nur sehr geringen Wandlungsmöglichkeiten. Ein Patent ist ein schriftlich durch Ansprüche kodifiziertes Recht, anderen über einen begrenzten Zeitraum, derzeit durch Völkerrecht auf 20 Jahre festgelegt, etwas zu verbieten, was man selber als erstes getan oder angedacht hat. Der Umfang eines Anspruchs ist lediglich durch die Bedingung der Neuheit und wenige andere Stellschrauben begrenzt. Dies bedeutet breite Monopolansprüche mit hohen Kosten sowohl für den Anmelder/Inhaber als auch für die potentiellen Verletzer. Das Patentwesen war schon immer unter Ökonomen umstritten. Es wurde in Deutschland 1873, wie Fritz Machlup (der renommierteste Patent-Ökonom und -Historiker) schreibt, von Juristen und Protektionisten gegen den Konsens der Volkswirte durchgesetzt. Doch nach einigen Generationen wurde es als Faktum akzeptiert und kaum noch von Volkswirten untersucht. Inzwischen ist es, dank seiner Verbindung mit fortschrittlicher Technik und komplizierter Rechtsprechung sowie massiven finanziellen und institutionellen Interessen, zu einer zugleich intransparenten, ehrfurchtgebietenden, hoffnungsweckenden und bedrohlichen Größe geworden, die ihr Eigenleben führt und kaum je aus einer anderen als der patentrechtlichen Perspektive studiert wird. Erst seit den 90er Jahren, als das Patentwesen in einer Phase der Patent-Euphorie diverse traditionelle Grenzen durchbrochen hatte, kam es nach und nach mit einer aufwachenden und aufschreienden Öffentlichkeit in Kontakt, die aber noch nicht unbedingt klare Vorstellungen von den Regeln und Gesetzmäßigkeiten des Patentwesens hat. Deshalb ist einerseits argumentative Vorsicht geboten, andererseits besteht die Gefahr, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht und zu keinen politisch verwendbaren Forderungen gelangt.

Die Piratenpartei Schwedens fordert die Abschaffung des Patentwesens. Wir halten dies für eine politisch sinnvolle Forderung, die allerdings durch flexible Verhandlungsangebote ergänzt werden kann. Hierzu gehört insbesondere die Wiederaufnahme der bereits vom Europäischen Parlament befürworteten Forderungen nach Einhaltung des gesetzlichen Verbots von Softwarepatenten und Wiedereinführung des klaren Technikbegriffs der 70er Jahre, demzufolge eine Erfindung den Wissensstand auf naturwissenschaftlichem Gebiet bereichern muss (s. [10 Kern-Klarstellungen http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/amends05/juri0504/mgp ] sowie die von der Parlamentsmehrheit getragenen Änderungsanträge vom [September 2003 http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309 ] und Juli 2005, die von der das Gesetzgebungsverfahren dominierenden Ministerialbürokratie diskussionslos abgewiesen wurden).

3 Forderungen

  • An den Bundestag und andere Nationale Parlamente: Sorg baldmöglichst für eine Klarstellung der Bedeutung Art 52 EPÜ (Par 1 PatG) im Sinne der Vorschläge des Europäischen Parlaments im Bereich des nationalen Rechts!
  • Liberalisierung des Patentprüfungswesens, Einführung des Verursacherprinzips: Wer die Ungültigkeit eines Patentes nachweisen kann, darf den Inhaber zur Unterlassung, Korrektur und Erstattung des Rechercheaufwandes in Anspruch nehmen (z.B. abmahnen). Dadurch entsteht beim Anmelder ein Anreiz, enge Patente mit hinreichender Neuheit und Erfindungshöhe anzumelden. Dank diesem Anreiz entfällt die Pflicht zur Patentprüfung. Statt der staatlichen Patentprüfung wird es einen privaten Markt von Prüfungsdienstleistern geben, welche gegen Gebühr das Haftungsrisiko des Anmelders übernehmen.
  • An den Bundestag und andere nationale Parlamente: Gründet einen Ausschuss für Innovationspolitik, der Vertreter in den EU-Ministerrat entsendet und dort an den mit dem Gewerblichen Rechtschutz u.ä. befassten Arbeitsgruppen gleichberechtigt neben dem Vertreter des BMJ teilnimmt.
  • Weitere Internationalisierungen des Patentwesens durch neue Institutionen auf undemokratisch-internationaler Ebene wie EPLA und Londoner Abkommen sind abzulehnen.
  • Zurückholung der vollen Souveränität in der Patentgesetzgebung auf diejenige Ebene, auf der es Gewaltenteilung und Demokratie gibt, d.h. derzeit die nationale. Alternativ kann dem Europaparlament die alleinige Kompetenz in Sachen Patentgesetzgebung übertragen werden.
  • Vorlegen eines Kataloges an zu lösenden Problemen mit Fristsetzung an die zuständigen internationalen Organisationen, z.B. Ausstieg aus der Europäischen Patentorganisation innerhalb von 10 Jahren, Ausstieg aus den TRIPs-Verpflichtungen zum Patentrecht innerhalb von 20 Jahren, Ausstieg aus dem Patentwesen innerhalb von 30 Jahren, falls bis dahin jeweils die Probleme nicht gelöst sind.
  • Keine staatliche Förderung für patentierte Forschung, Rückbau des Hochschulpatentwesens, Wiederherstellung der Freiheit des Hochschullehrers bei der Frage der Patentierung, Ablehnung der “Neuheitsschonfrist”, Umorientierung der Hochschulpolitik: Kooperation mit der Wirtschaft ist erwünscht, aber der Wert des Wissens für die Wissensökonomie wird nicht erst dadurch bewiesen.

4 Patentschutz ist Wettbewerbsregulierung, nicht “geistiges Eigentum”

Eine Marke wird (wenn eingetragen) vom Markenrecht geschützt, und (wenn schon ein ganz klein bisschen original) vom Urheberrecht. Das Urheberrecht schützt die geistige Leistung, Eine Marke wird nur geschützt aus wettbewerblichen Gründe. Telekom-Lila ist (wahrscheinlich) eine gültige Marke, weil dieFarbe “eingebürgert” ist als erkennungszeichen. Eine schöpferische Leistung entspricht die Farbe allerdings nicht. Allerdings ist es zweckmäßig andere Telekom Anbieter zu verbieten dieselbe Farbe zu benutzen.

Patentierbare Erfindungen entsprechen auch nicht immer Leistungen, was immer auch Ökonomen behaupten. Im amerikanischen Patentgesetz ist das sogar kodifiziert (§ 103), und in Europa gilt allgemein dass kein “Scweiß des Angesichts” erforderlich ist for Patenterteilung. Folglich sei das Patentrecht eine reine wettbewerbsmäßige Reglung. Und bräuchte man etwas anderes für den Schutz einer etwaigen Leistung, im Sinne einer Anstrengung. Dazu könnte ggf. dein Urheberrecht dienen.

Zugegeben, es wäre total ungewohn das Patentrecht rein als Wettbewerbsreglung zu betrachten. Allerdings vermeidet man so die Fallgrube das Patentrecht sei eine Belohnung. Die Absage einer Belohnung (“Ihre Leistung reicht nicht aus/liegt auf dem falschen Gebiet für eine Belohnung”) ist immer etwas willkürlich und deshalb unsympatisch. Was der Wettbewerb genau erfordert ist auch nich leicht festzustellen, aber es gibt bestimmt Bereichen in den kein Wettbewerbsschutz erforderlich ist. Un den Liberalen, die heutzutage gewöhnlich den Patentschutz befürworten, kann man einfach fragen: “bräuchten sie wirklich Staatsschutz”? Patentsschutz erfordert zwar kein Steuergeld, aber Staatsschutz ist es immerhin.

Bekanntlich wurde Markenrecht und Patentrecht mal angedeutet als “gewerblicher Rechtschutz” (“industrial property”), im Gegensatz zu Urheberrecht als “geistiges Eigentum” (“intellectual property”). Mit der Gründung der WIPO wurde diese Unterschied praktische aufgehoben. Das war ein großer Fehler.

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© 2006-09-15 PILCH Hartmut